Friedhof Gadebusch

Alte Grabstellen erzählen

Ein Spaziergang über den Gadebuscher Friedhof liest sich wie ein Geschichtsbuch der Stadt. Früher ließen die ergänzenden Berufe auf den Grabsteinen wie Sanitätsrat, Stadtrat, Schlossermeister, Baurat, Maurermeister, Vulkanisiermeister, Lehrer, Landwirt, Pastor, Probst u.v.a. den Bürgerstolz erkennen. Heute erleben wir leider einen Wandel der Friedhofskultur zur Anonymität. Mehr und mehr werden andere Bestattungsformen gewählt. [...]

Auf der obersten Ebene des Gadebuscher Friedhofs befinden sich unter herrlichen Rotbuchen und Linden 21 Kriegsgräber des Zweiten Weltkrieges. Die Gräber sind mit Efeu berankt, und jedes einzelne Grab ist mit einem Namensschild versehen, dessen Namen jedoch heute keiner mehr kennt. [...] Die Grabanlage ist sehr gepflegt und hinterlässt eine tiefe Betroffenheit.

Gadebuscher Friedhof / Foto H. Meyer
Gadebuscher Friedhof / Foto H. Meyer

Das Hühnsche Grab

Das Hühnsche Grab / Foto H. Meyer
Das Hühnsche Grab / Foto H. Meyer

Beim Betreten des Gadebuscher Friedhofes durch das schmiedeeiserne Tor trifft man rechts auf eine große aus Sandstein gebaute Grabanlage, die an argentinische Friedhöfe erinnert. Es ist das Grab des wohl berühmtesten Gadebuscher Bürgers seiner Zeit: Johann Friedrich Leopold Hühn. Hühn wurde am 9. März 1830 in Gadebusch geboren. Wie viele junge Menschen suchte er sein Glück in der Fremde. [...] Er muss wohl ein guter Kaufmann gewesen sein, denn er erwirtschaftette ein riesiges Vermögen. Am 30. September 1891 verstarb Hühn in Lübeck ohne einen Erben. In seinem Testament vererbte er sein gesamtes Vermögen von 1.661.852,00 Mark seiner Heimatstadt Gadebusch. Dieser Betrag hatte sich bis 1919 durch die Zinsen auf 3.416.622,59 Reichsmark erhöht. Gadebusch war wohl zu diesem Zeitpunkt die reichste Stadt Mecklenburgs. Die Stadtväter waren mit dieser gewaltigen Summe überfordert. Fehlende Entscheidungsfreudigkeit, mangelnde finanzielle Kenntnisse und endloses Debattieren führten zu einem Chaos, das in der Inflation 1923 endete. Das große Vermögen war verloren. [...] Als Trost blieb den Gadebuschern aber ihr schönes altes Renaissance- Rathaus erhalten.

Texte: Gerhard Schotte, Förderverein der Stadtkirche zu Gadebusch e.V.

Home Close